Quadratische Gleichungen sind der Idealfall: sie lassen sich immer mit der pq–Formel lösen. Leider sind sie auch der Ausnahmefall: Für die meisten anderen Gleichungstypen gibt es nämlich keinen Lösungsweg, der immer sicher zum Ziel, das heißt zur Lösungsmenge, führt.
Das gilt auch für Gleichungen bei denen die gesuchte Größe (auch) unter der Wurzel vorkommt. Was wir immerhin noch angeben können ist eine erfolgsversprechende Vorgehensweise (best practice), wie Sie diese sogenannten Wurzelgleichungen angehen können (nicht müssen):
Betrachten wir ein nicht zu einfaches Beispiel, in dem wir auch sehen, was es mt den mysteriösen Scheinlösungen auf sich hat.
Gesucht sind alle reellen Lösungen der Gleichung
Für die gesuchte Größe x müssen wir uns also von Anfang an auf Werte größer oder gleich 1 beschränken Die Grundmenge D der Gleichung ist
Im weiteren ist x immer aus dieser Grundmenge.
und quadrieren
Dieser letzte Schritt, quadrieren, ist eigentlich nicht erlaubt, da er die
Lösungsmenge vergrößern kann. (Warum?)
Da wir aber am Ende die eventuell entstandenen Scheinlösungen
verwerfen, wird alles wieder gut.
In diesem Fall sehen wir, dass nur noch eine quadratische Gleichung zu lösen ist, wobei wir aber nicht an beliebigen Lösungen interessiert sind, sondern nur an solchen aus der Grundmenge D.
Lösen der quadratischen Gleichung indem man sie (durch Ausmultiplizieren und Ordnen nach den Potenzen von x) auf Normalforrm bringt
p = –7 und q = 10 abliest und aus der pq-Formel die beiden Lösungen
erhält. Beide liegen in der Grundmenge D der Gleichung.
Die Wurzelgleichung hat als einzige Lösung
Vollzeit-Pragmatiker haben Feierabend: Quadrieren und am Ende Scheinlösungen verwerfen ist alles, was sie wissen müssen.
Für alle anderen stellen sich mindestens zwei Fragen:
Setzen Sie doch einfach einmal die Scheinlösung ein.
Das ist auch unabhängig vom konkreten Zahlenwert klar: die Quadrate zweier Zahlen sind auch dann gleich, wenn die Zahlen selbst sich nur um das Vorzeichen unterscheiden, also ungleich sind. Mehr steckt nicht dahinter.
Das ganze noch einmal in einer auf allgemeinere Situationen übertragbaren Form:
Die Abbildung
ist auf dem Definitionsbereich der Gleichung nicht umkehrbar. (Die Bilder unter dieser Abbildung können gleich sein, obwohl die Urbilder ungleich sind.) Deshalb laufen wir Gefahr Scheinlösungen zu erzeugen, wenn wir sie trotzdem auf die Gleichung loslassen (auf beide Seiten der Gleichung anwenden).
Wie wäre es mit einer Fallunterscheidung?
zurück und verkneifen uns das Quadrieren. Der Preis ist eine Fallunterscheidung.
aber mit der Einschränkung, dass x größer oder gleich 3 sein muss. Damit ist 5 eine Lösung, 2 aber nicht.
Empfehlung: Es reicht völlig, sich die Herkunft der Scheinlösungen einmal klargemacht zu haben, um sich dann wieder dem Lager der Pragmatiker anzuschließen.