Gleichungen: Wurzelgleichungen

Quadratische Gleichungen sind der Idealfall: sie lassen sich immer mit der pq–Formel lösen. Leider sind sie auch der Ausnahmefall: Für die meisten anderen Gleichungstypen gibt es nämlich keinen Lösungsweg, der immer sicher zum Ziel, das heißt zur Lösungsmenge, führt.

Das gilt auch für Gleichungen bei denen die gesuchte Größe (auch) unter der Wurzel vorkommt. Was wir immerhin noch angeben können ist eine erfolgsversprechende Vorgehensweise (best practice), wie Sie diese sogenannten Wurzelgleichungen angehen können (nicht müssen):

Grundmenge bestimmen
Menge der überhaupt zugelassenen Werte, die Grundmenge, bestimmen.
Wurzel isolieren
Gesuchte Größe durch Isolieren und Quadrieren aus der Wurzel rausschaffen.
Schauen und Hoffen
Schauen, ob / wie es weitergeht. Zumindest in Übungsaufgaben sollte das helfen.
Scheinlösungen in den Müll entsorgen
Durch Einsetzen in die Ausgangsgleichung Scheinlösungen erkennen und verwerfen. Das ist keine normale Probe, die man als konzentrierter Rechenkünstler auch mal weglassen dürfte, sondern unverzichtbarer Teil des Lösungsweges.

Betrachten wir ein nicht zu einfaches Beispiel, in dem wir auch sehen, was es mt den mysteriösen Scheinlösungen auf sich hat.

Beispiel

Gesucht sind alle reellen Lösungen der Gleichung

FORMEL

Für Neugierige, Misstrauische und Nachdenkliche

Vollzeit-Pragmatiker haben Feierabend: Quadrieren und am Ende Scheinlösungen verwerfen ist alles, was sie wissen müssen.

Für alle anderen stellen sich mindestens zwei Fragen:

Wo kommen diese Scheinlösungen her?:

Setzen Sie doch einfach einmal die Scheinlösung ein.

Antwort:

Setzen wir einfach einmal die Scheinlösung x = 2 ein: Vor dem Quadrieren sind linke Seite (Wert: 1) und rechte Seite (Wert: –1) verschieden, nach dem Quadrieren gleich. Die Lösungsmenge der Gleichung hat sich durch das Quadrieren geändert, die 2 ist dazugekommen.

Das ist auch unabhängig vom konkreten Zahlenwert klar: die Quadrate zweier Zahlen sind auch dann gleich, wenn die Zahlen selbst sich nur um das Vorzeichen unterscheiden, also ungleich sind. Mehr steckt nicht dahinter.

Das ganze noch einmal in einer auf allgemeinere Situationen übertragbaren Form:

Die Abbildung

FORMEL

ist auf dem Definitionsbereich der Gleichung nicht umkehrbar. (Die Bilder unter dieser Abbildung können gleich sein, obwohl die Urbilder ungleich sind.) Deshalb laufen wir Gefahr Scheinlösungen zu erzeugen, wenn wir sie trotzdem auf die Gleichung loslassen (auf beide Seiten der Gleichung anwenden).

Hätte ich sie vermeiden können?:

Wie wäre es mit einer Fallunterscheidung?

Antwort:

Gehen wir zur Gleichung

FORMEL

zurück und verkneifen uns das Quadrieren. Der Preis ist eine Fallunterscheidung.

Fall 1: FORMEL
Für alle x aus diesem Bereich ist die linke Seite positiv, die rechte negativ; es gibt keine Lösung.
Fall 2: FORMEL
Für alle x aus diesem Bereich sind beide Seiten der Gleichung positiv; deshalb ändert quadrieren die Lösungsmenge nicht und wir landen wieder bei der quadratischen Gleichung

FORMEL

aber mit der Einschränkung, dass x größer oder gleich 3 sein muss. Damit ist 5 eine Lösung, 2 aber nicht.

Empfehlung: Es reicht völlig, sich die Herkunft der Scheinlösungen einmal klargemacht zu haben, um sich dann wieder dem Lager der Pragmatiker anzuschließen.